Was raschelt da im Gebüsch? Oder warum uns Stress zurück in die Steinzeit befördert.

Okt 29, 2020

Stress ist nach gängiger Definition eine „erhöhte körperliche oder seelische Anspannung, die bestimmte Reaktionen hervorruft und zu Schädigungen der Gesundheit führen kann“ und die meisten von uns haben reichlich davon. Doch auch, wenn wir im Außen dem Druck standhalten und funktionieren, wo wir müssen – die Reaktion auf Stress liegt in unseren Genen und seinen gesundheitlichen Folgen können wir nicht entkommen.

Zum besseren Verständnis ein kurzer Exkurs in die Neurologie: Der Teil unseres Nervensystems, der autonom und unwillkürlich unsere Körperfunktionen wie Blutdruck, Puls, Atemfrequenz und Verdauung regelt, wird vegetatives Nervensystem genannt. Sein Arbeitsbereich hat zwei Pole (Sympathikotonie / Para-Sympathikotonie), die wir uns einfach als Anspannung und Entspannung vorstellen können. Werden unsere Körperfunktionen – je nach Spannungszustand – angemessen gesteuert, befindet sich unser vegetatives Nervensystem in Harmonie. Ist die Erregungsleitung im vegetativen Nervensystem gestört ist, sind wir in einer vegetativen Dystonie. Dystonie ist das Gegenteil von Harmonie und fatalerweise gewöhnen wir uns meist schnell an die Schieflage und nehmen sie als „normal“ wahr.

Jetzt der Blick zurück zu unseren Urahnen, deren größte Sorge es war, genug zu fressen zu haben und nicht selbst auf dem Speiseplan eines Raubtieres zu landen. Bei besagtem Urahn waren die beiden Pole seines vegetativen Nervensystems sehr einfach: Lehnte er vollgefressen, satt und zufrieden in der Nachmittagssonne an einem Baum, verdaute bei völliger Entspannung, niedriger Muskelspannung und langsamer Atmungs- und Herztätigkeit befand er sich im Zustand der „Para-Sympathikotonie“, war also tiefenentspannt.
Doch was raschelt da im Unterholz? In böser Vorahnung angespannt sein, Atmung und Puls beschleunigt – bereit zu laufen, was die Beine hergeben und dabei schwitzen, um die Körpertemperatur normal zu halten und noch ein paar andere Dinge, die sich amüsanter Weise bis heute erhalten haben. Haben sie sich zum Beispiel schon mal gefragt, warum ihnen ab und zu die Haare zu Berge stehen? Nun, als wir noch mehr davon hatten, hat uns das einem Feind gegenüber größer erscheinen lassen. Kurzum, unser Urahn hatte Stress oder befand sich im Zustand der „Sympathikotonie“.

Jetzt wieder zurück in die Neuzeit – auch heute hat der Mensch Stress. Selten, weil er Gefahr läuft, gefressen zu werden, aber dafür haben wahlweise der Chef, das Finanzamt, die Straßenverkehrsordnung, der Nachbar oder andere Umstände diese Rolle übernommen. Und jetzt kommt das fatale: Auch wenn dieser „moderne Stress“ psychischer, seelischer oder emotionaler Natur ist – unser Körper reagiert mit dem gleichen Muster wie einst bei unserem Urahnen, bei dem es um das nackte Überleben ging. Dauerstress ist also nicht nur eine Belastung für unsere Psyche, sondern für unseren Körper eine ständig aufrecht erhaltene Reaktionskette auf eine vermeintliche Bedrohung seiner Existenz. Ein erhöhter Puls, schneller und zu flacher Atem, eine ineffiziente Verdauung und ein hoher muskulärer Grundtonus (=Verspannung) sind nur einige Aspekte unsere neuen „Normalzustandes“.

Und: Auch künstliche elektromagnetische Strahlung (Mobilfunk und drahtlose Kommunikationstechnik) steht im dringenden Tatverdacht, sich bei Menschen in dieser Art auf den Körper, seine Steuerungsfunktionen und die Psyche auszuwirken.  Auch wenn der Reiz neu ist –  der Körper reagiert mit alten Mustern, die er als Stresssymptome auf herkömmliche, schädigende Reize über Jahrtausende entwickelt hat. Wie immer ist das „sich-bewusst-werden“ der erste Schritt in die richtige Richtung, wenn es darum geht, das Thema Stress neu zu betrachten und effektive Strategien zu entwickeln. Stress oder vielmehr „Stressoren“, also stressauslösende Faktoren, zu eliminieren ist ein Weg. Der Anspannung tagtäglich Phasen der Entspannung gleicher Intensität entgegen zu stellen, eine sinnvolle Ergänzung. Auf diesem Weg kommen wir am schnellsten zurück zu Harmonie und Balance – darüber mehr im nächsten Blogbeitrag.

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